Auf den Spuren der Vergangenheit

Die Geschichte der Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette

Am Morgen des 07. Juni 1949 fallen vier Schüsse.
Einer davon trifft tödlich.

An uns ziehen 49 Jahre eines Lebens vorbei.
Ein Leben, das den Grundstein einer bis heute bekannten Konzertdirektion legte.
Ein Leben, das vermutlich noch viele namhafte Größen der Klassik für Gastspiele in Hamburg hätte gewinnen können.

Ein Leben, das Dr. Rudolf Goette gehörte.

Dr. Walter Josef Franz Rudolf Goette wurde am 20.04.1900 als Sohn des Musikdirektors Eduard Goette und seiner Frau, der Sängerin Elfriede Goette, geb. Schmitz, in Berlin geboren.
Ganz entgegen seiner musikalisch geprägten Herkunft, schloss er 1924 seine praktische und wissenschaftliche Ausbildung zum Landwirt ab, um nach seinem Staatsexamen als Diplomlandwirt im März selbigen Jahres zum Doktor der Landwirtschaft zu promovieren. Es folgten Anstellungen als landwirtschaftlicher Beamter auf Gütern in Thüringen und Westpreußen und als Saatzuchvolontär in der Provinz Sachsen. Zuletzt arbeitete Dr. Goette als Leiter eines Versuchsrings in Schleswig-Holstein.

Was ist ein Versuchsringleiter?

Hierunter versteht man einen Zusammenschluss von Landwirten mit dem Ziel, durch praxisnahe Versuche neue Erkenntnisse in verschiedenen Bereichen der Landwirtschaft bereitzustellen.

Der Ruf der Musik ließ jedoch nicht lange auf sich warten.
Im Jahre 1926 trat Dr. Rudolf Goette in die Konzertdirektion Johann August Böhme ein, die zum Unternehmen des jüdischen Musikalienhändlers und Verlegers Joseph Benjamin gehörte.
Nach einiger Zeit übernahm er eine eigene Abteilung und wurde am 01. Januar 1933 zweiter Geschäftsführer.
Als die Angestellten der Konzertdirektion am 15. Februar aufgrund der vorkriegszeitlichen Entwicklungen entlassen werden mussten, ging Dr. Rudolf Goette einen entscheidenden Schritt und machte sich selbstständig. Am 01. Juli 1933 schrieb er damit das erste Kapitel einer ganz neuen Geschichte.

Das erste Kapitel der Geschichte der Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette.

Dieses Kapitel beschrieb jedoch keinen leichten Weg.
Im Jahre 1939 wurde Dr. Rudolf Goette in die Kriegsmarine einberufen, die ihn 1940 aufgrund unbekannter Umstände wieder entließ.
1941 jedoch verlor die Konzertdirektion durch Maßnahmen des Propaganda-Ministeriums ihre Auslandskonzession und musste 1944 endgültig schließen. Im selben Jahr wurde Dr. Goette erneut eingezogen, diesmal als Landesschütze.
Der Konzertbetrieb rückte in weite Ferne.

Im Herbst 1945 konnte die Konzertdirektion ihren Betrieb wieder aufnehmen.
Trotz der verheerenden Spuren, die der Krieg sowohl in der Stadt als auch bei ihren Einwohnern hinterlassen hatte, veranstaltete Dr. Rudolf Goette bereits im Jahre 1946 wieder ca. 190 Konzerte und leistete damit einen entscheidenden Beitrag zur Rückkehr Hamburgs in das kulturelle Leben.

Ende gut, alles gut?
Doch woher kamen die Schüsse?

Am frühen Morgen des 07. Juni stand der Hamburger Kaufmann Ernst Hüls vor der Tür der Konzertdirektion, die damals in der Brahmsallee des Hamburger Stadtteils Rotherbaum beheimatet war. Hier befand sich auch der Wohnsitz von Dr. Rudolf Goette.
Unter dem Vorwand, seiner Stieftochter Karla Grabbert, dem Hausmädchen der Goettes, ein Erbstück ihres verstorbenen Vaters überbringen zu wollen, wurde Ernst Hüls ins Arbeitszimmer geführt. Dort sollte Dr. Rudolf Goette die Übergabe bezeugen. Während Goette, noch in Nachthemd und Bademantel, die Quittung ausstellte, zog der 54-jährige Hüls eine Waffe. Es fielen vier Schüsse. Dr. Rudolf Goette versuchte, sich ins Nebenzimmer zu retten, brach jedoch dort, verletzt durch einen tödlichen Brustschuss, zusammen. Ernst Hüls, der sich anschließend mit einem fünften Schuss selbst in den Kopf schoss, wurde schwerverletzt ins Eppendorfer Krankenhaus gebracht.

Was war passiert?
Friedel Hüls, die Mutter des Hausmädchens Karla Grabbert, hatte sich im März des Jahres 1949 von ihrem wettsüchtigen Mann Ernst Hüls getrennt. Dr. Rudolf Goette, der durch Karla Grabbert von der familiären Situation erfuhr, bot daraufhin an, während des Auszugs beim Transport ihrer Sachen zu helfen.
Der eifersüchtige Ernst Hüls witterte darin einen Affront und drohte Goette über mehrere Monate hinweg mit Rache. Goette besprach dies mit engen Vertrauten, wurde aber hinsichtlich eventueller Gefahren beruhigt.
Als Frau Hüls anschließend eine Scheidungsklage einreichte, machte Ernst Hüls seine Drohungen jedoch wahr.

So wurde Dr. Rudolf Goette im Jahre 1949 tragisches Opfer seiner eigenen Hilfsbereitschaft.

Ernst Hüls überlebte.
Und wurde schließlich nach langen Verhandlungen zu 15 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt. Seine geforderte Revision blieb unerfüllt.

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